Im Mai hatten wir für 3 Wochen einen Besucher aus Nepal am Hof, der dort sich vor allem mit verschiedenen Fragestellungen zum Thema Schulgarten beschäftigt. Ich habe mit ihm gesprochen um mehr über sein Projekt und über die Landwirtschaft in Nepal herauszufinden.
Lieber Nishad, du bist Lehrer aus Nepal, was ist dein Fachgebiet?
Ich bin Landwirtschaftslehrer in einer Gemeinschaftsschule in Tandi, einer kleinen Stadt im Bezikt Chitwan in Nepal.
Mit meinem Abschluss im Gartenbau unterrichte ich unterschiedliche technische Fächer für den landwirtschaftlichen Zweig der Schule. Entsprechend dem Lehrplan beispielsweise „Nachhaltige Ernährung und Schädlingsbekämpfung“, „Pilzzucht“, „gewerbliche Insektenkunde“ und „Obstbau“. Außerdem unterstützte ich die Schule dabei, einen nachhaltigen Schulgarten anzulegen, in dem die Schüler ihre theoretischen Kentnisse in der Praxis ausprobieren können. Dabei lernen die Schüler dort auch, wie sie ihr Essen anbauen können und entdecken verschiedene Aspekte der Nachhaltigkeit.
Hier ein Beispiel für Nishads Arbeit mit Pilzen (externer Link, öffnet in Facebook)
Jetzt bist du schon seit fast 8 Monaten in Deutschland. Was ist das Ziel deines Aufenthaltes?
Diesmal bin ich hier für ein 8-monatiges Forschungsstipendium der ISA (International Sustainable Academy), SDW Hamburg. In diesem Rahmen arbeite ich hauptsächlich am Projekt „Nachhaltiges Unterrichten durch Schulgärten und Handhabung von organischen Abfällen“.
Das Hauptziel des Projekts ist es, die Schulen in Nepal zu ermutigen und zu befähigen, ihre Schulgärten zu starten und sie als Lernraum zu entwickeln. Während meines Aufenthalts war ich hauptsächlich an der Forschung und Entwicklung des Projekts beteiligt. Ein Beispiel meiner Arbeit war es, zu untersuchen, wie man die Schulgarten Aktivitäten mit dem Lehrplan verbinden kann, um verschiedene Nachhaltigkeitsaspekte in den Unterricht zu integrieren. Außerdem nahm ich an verschiedenen Schulungen, Workshops und Praktika teil, die mit meinem Projekt in Verbindung standen, um Kapazitäten aufzubauen. Mein Besuch und Aufenthalt in Stadtbauernhof ist ebenfalls ein Teil dieses Prozesses. (Mehr zum Projekt: https://alumni.isa-germany.com/alumni/nishad-malla/)
Mein Aufenthalt am Stadtbauernhof war ebenfalls Teil dieses Projektes.
Welche Aufgaben hast du auf dem Stadtbauernhof übernommen?
Hauptsächlich habe ich hier als Praktikant bei den täglich anfallenden Arbeiten der Solawi unterstützt. Dabei lernte ich nicht nur die verschiedenen Aspekte dieses Systems kennen sondern hatte auch die Möglichkeit mit den Mitabeiterinnen und Mitarbeitern und vielen Mitgliedern Ideen und Perspektiven auszutauschen.
Es ist wirklich interessant für mich, das gemeinschaftsgestützte Landwirtschaftsmodell des Stadtbauernhofs kennenzulernen und zu erleben. Mir gefällt die Idee einer solchen Initiative, bei der Menschen zusammenkommen, die ein nachhaltiges Landwirtschaftsmodell und die Idee einer verantwortungsvollen Produktion und eines verantwortungsvollen Konsums unterstützen. Außerdem bin ich sehr an dem pädagogischen Programm des Stadtbauernhofs interessiert, da ich glaube, dass wir mehr solcher Bildungsangebote und Erfahrungsmöglichkeiten brauchen, um die heutige, von der Natur abgekoppelte Generation auf die Zukunft vorzubereiten.
Wie wird in Nepal Landwirtschaft betrieben und gibt es dort auch solidarische Landwirtschaft?
In Nepal ist der Landwirtschaftssektor überwiegend auf den Lebensunterhalt ausgerichtet, obwohl sich in letzter Zeit auch die kommerzielle Landwirtschaft schnell entwickelt. Und mit dem florierenden Tourismussektor und der steigenden Nachfrage nach Biolebensmitteln haben sich in den letzten Jahren immer mehr Produzenten für den ökologischen Landbau entschieden. Auch mit dem zunehmenden Fortschritt der Technologie, erlebt Nepal den Aufstieg von landwirtschaftlichen Unternehmern, die mehr daran interessiert sind, den Landwirtschaftssektor zu verändern und neue Ansätze zu versuchen.
Es könnte einige Solawis in Nepal geben, persönlich sind mir allerdings keine bekannt. Nichtsdestotrotz denke ich, dass die gemeinschaftsgetragene Landwirtschaft (Community Supported Agriculture, CSA) in Nepal ein effektives Modell für den Landwirtschaftssektor wäre, da die Nachfrage nach nachhaltiger Landwirtschaft steigt und die nepalesischen Verbraucher immer mehr darauf achten, woher ihre Lebensmittel kommen. Daher denke ich, dass die Einführung von Solawis in Nepal ein schönes Kooperationsmodell wäre, um eine Win-Win-Situation und einen Mehrwert sowohl für die Landwirte als auch für die Verbraucher zu schaffen. Dies wird nicht nur die Erfahrung „vom Bauernhof auf den Tisch“ vermitteln, sondern auch die nachhaltige Produktion und den nachhaltigen Konsum fördern, was in der heutigen Zeit absolut notwendig ist.
Nun reist du bald wieder zurück nach Nepal, welche Erfahrungen nimmst du mit? Was lässt du hier?
Obwohl im Moment in Nepal eine Flugpause herrscht, werde ich hoffentlich bis Ende des Monats wieder in Nepal sein. Mein Aufenthalt in Deutschland war voller interessanter Erkundungen, Lernerfahrungen und bereichernder Erlebnisse. Ich werde auf jeden Fall viele Erkenntnisse und Erfahrungen aus meinem Aufenthalt in Deutschland mitnehmen.
Die Erkundung wunderbarer Projekte mit einer nachhaltigen Denkweise hier in Deutschland hat mir viele neue Perspektiven und Ideen gegeben, die ich mitnehmen und in Nepal weiterentwickeln werde. Es gibt so viele Beispiele für die Erfahrungen, die ich gemacht habe. Ein paar Beispiele aus Saarbrücken wären:
- Die gemeinschaftliche Unterstützung und Kooperation für die lokale ökologische Lebensmittelproduktion mit SoLaWi-Betrieben wie dem Stadtbauernhof
- Die Idee von Unverpackt-Läden, um den Abfall zu reduzieren und auch die biologische und regionale Produktion zu priorisieren
- Institute wie das Spohns Haus zur Förderung und Vermittlung von Nachhaltigkeitsthemen an junge Generationen
- Praktischer Aspekt des Natur- und Landschaftsschutzes mit der traditionellen Kultur der Obstverarbeitung und der Erhaltung (Bliesgau ObstWeise)
- Secondhand Läden zur Wiederverwendung von guten Gegenständen anstatt sie wegzuwerfen
- Läden wie der ‚Rettermarkt Rettich‘, die die weggeworfenen, aber noch genießbaren Lebensmittel verkaufen
- Initiativen wie expedition-erdreich zur Entwicklung eines Citizen-Science-Konzepts
Danke, dass du dir die Zeit genommen hast meine Fragen zu beantworten, lieber Nishad. Ich drücke dir die Daumen, dass du gut zurück nach Nepal kommst.
Update: Zur Zeit der Veröffentlichung war Nishad aufgrund der internationalen Flugsperre noch in Hamburg und hofft darauf bald ein Ticket für seinen Rückflug finden zu können.